Backhäusle, Reute

Backhaeusle Reute

 

Erbaut wurde dieses charmante Fachwerkhaus wohl im Jahre 1871, so zeugt zumindest eine aufgemalte Jahreszahl über der Türe. Es steht direkt in der Ecke zwischen der Moos- und Dorfstraße in Meckenbeuren – Reute und gehört zum Hofbestand der Familie Gessler. Es wurde 1983 unter Denkmalschutz gestellt und 2002 von Grund auf saniert.

In diesem Backhaus wurden viele Jahre lang Brot gebacken und der relativ große Nebenraum diente als Brennerei und Waschküche, sowie als Werkstatt und Hausschlachterei der Bauersfamilie. Auf der anderen Seite des Backraums schließt sich noch ein kleiner Raum an, indem auch lange Zeit Holz eingelagert wurde für den Winter. Stirnseitig angrenzend an die Brennerei führte von außen eine Treppe in den oberen Dachraum, der als Raum zur Aufbewahrung von leeren Obstkörben, Kisten, und vielerlei Handwerkszeug für den Bauern diente.

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Die gesamte Hofanlage: im Zentrum das Wohnhaus mit Stall und Scheuern, rechts vorne das Backhaus. Abb. ca. 1960er Jahre.
Die Renovierung: was bürgerschaftliches Engagement bewegen kann
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Die Sanierung im Jahr 2002, eine private Initiative der Reutener Dorfgemeinschaft

Als das Haus dann im Jahre 1983 unter Denkmalschutz gestellt wurde, kam im Jahre 2002 die Renovierung, bei der sich auch das Denkmalamt beteiligte. Mit großem Engagement bildete sich nun um den Initiator und Verwandten des Hofbesitzers eine „Reutener Dorfgemeinschaft“, die dieses wunderschön renovierte „Backhäusle“ mit Leben füllte. So wurden bis zum Jahre 2007 jährlich zum „Tag des offenen Denkmals“ die Türen weit geöffnet und ein großes Fest gefeiert. Die Menschen strömten aus allen Richtungen zu diesem Fest, bei dem nicht nur der Backofen angeheizt und frische „Dinnete“ angeboten wurden, nein auch die Brennerei wurde aktiviert und Reutener Obstwasser gebrannt, Siges Wurstkessel wurde angeheizt und frische Schüblinge angeboten, und viele Tätigkeiten wie:

•   Hopfenplücken und Waschen mit der Hand
•   Dengeln und Mähen mit der Sense
•   Hoizen bauen
•   im alten Waschzuber wurden für „Mutige“ Heubäder angeboten
•   die alte Obstmühle wurde aktiviert und frischer Apfelsaft gepresst
•   Fahrten mit der Pferdekutsche wurden angeboten
•   Landwirtschaftliche Geräte und Maschinen wurden ausgestellt

So wurde die Geschichte der Eltern und Großeltern wieder lebendig. Vor allem die Kinder freuten sich, dass sie dadurch in alte Zeiten mitgenommen und diese zu einem unvergesslichen Erlebnis wurden.

Ein Gewinn auch für unsere Zeit

Bald schon merkten die Schulen und Kindergärten in der Umgebung, dass es sich lohnt, den Schulalltag mal zu unterbrechen, um das Lernfeld in die Praxis zu verlegen, was bei einem Besuch im Backhaus bestens gelang.

Backhaeusle Reute bei NachtAuch der „lebendige Adventskalender“ machte Station beim Backhaus. So kamen bis zu 200 Menschen um den Klängen der Musikanten und den adventlichen Geschichten zuzuhören. Diese Veranstaltungen in der ganzen Gemeinde endeten immer mit dem gemeinsamen Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht …”.

Dieses schöne Haus zeigt wieder einmal mehr, wie Zusammenhalt und Gemeindebewusstsein neue Erfahrungsräume erschließen kann. Ebenso sind dies Beispiele wie alte und oft geringgeschätzte Baukultur wieder zu charmanten Sehenswürdigkeiten wird, die auch unserer zukünftigen Gesellschaft einen erlebbaren Blick in die Vergangenheit zu ihren Wurzeln und ihrer Heimat bietet.

Katholische Kirche St. Verena, Kehlen Denkmallogo

 

Das Backhaus steht nach & 2 Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg seit 1983 unter Denkmalschutz.

 


(Von Wiltrud Lehle, Reute.
Photos: Herbert Gessler, Karin Brugger)